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Verkündigungstermin in dem Verfahren einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Braunschweig am 25. Juli 2019 im Zusammenhang mit der sog. VW-Dieselaffäre

Stattgabe der Kündigungsschutzklage und Abweisung von Schadensersatzansprüchen


In dem Rechtsstreit einer Führungskraft im Management hat am 25. Juli 2019 vor dem Arbeitsgericht Braunschweig der Termin zur Verkündung der Entscheidung stattgefunden.

Die Klägerin hatte die Feststellung der Unwirksamkeit einer fristlos, hilfsweise fristgemäß ausgesprochenen Kündigung und Zahlung von Arbeitsentgelt begehrt, die Volkswagen AG beantragte im Wege der Widerklage die Feststellung, dass ihr die Klägerin auf Schadensersatz haftet. Die Arbeitgeberin wirft ihr vor, sie habe an der Manipulation von Abgassoftware mitgewirkt und Daten gelöscht. Auch habe sie ihre Pflicht verletzt, übergeordneten Führungsebenen die Vorgänge zu melden. Die Klägerin macht geltend, sie sei lediglich mit der Erstellung einer neutralen Software befasst gewesen, über deren Verwendung sie nicht zu befinden gehabt habe. VW habe mit der Kündigung nicht nur lange Zeit zugewartet, sondern die Klägerin in Kenntnis des Sachverhaltes noch befördert. Das Kündigungsrecht sei damit verwirkt. Die der Klägerin übergeordneten Managementebenen hätten außerdem an den Manipulationen mitgewirkt; das Löschen von Daten sei auf Anweisung erfolgt.

Das Arbeitsgericht Braunschweig hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei unwirksam, da die Volkswagen AG sie nicht binnen zwei Wochen nach Kenntniserlangung des Kündigungssachverhalts ausgesprochen habe. Bereits im Verlauf von Vorstandssitzungen im Dezember 2015 und zuletzt April 2017 habe sich die Arbeitgeberin mit der Frage einer arbeitsrechtlichen Maßnahme in Bezug auf die Klägerin befasst.

Das Recht zum Ausspruch der fristgemäßen Kündigung habe die Arbeitgeberin verwirkt. Da die Pflichtverletzungen der Klägerin im Zeitraum November 2006 bis September 2015 erfolgt seien, erfülle ein Zuwarten von drei Jahren bis zum Ausspruch der fristgerechten Kündigung das Zeitmoment. Auch das Umstandsmoment sei gegeben, da die Klägerin – im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern, die in den Dieselskandal verwickelt sind – nicht von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. Zudem habe die Klägerin nach Aufdeckung des Dieselskandals kooperiert. Letztlich sei die Klägerin nach Auffassung des Gerichts im Zuge ihrer Versetzung in den Bereich der Qualitätssicherung mit Wirkung zum 02. April 2017 befördert worden.


Die Widerklage hat das Gericht als unbegründet abgewiesen. Es überwiege zulasten der Beklagten deren Mitverschulden, das das Gericht mit 100 % berücksichtigt hat. Die Beklagte müsse sich eine grob fahrlässige Unkenntnis des seinerzeitigen Vorstandsvorsitzenden Herrn Professor Dr. Winterkorn anrechnen lassen. Das Gericht verweist darauf, dass das Ergebnis einer Studie der unabhängigen Forschungsorganisation ICCT bereits im Jahr 2014 ergeben hat, dass die realen Stickoxidemissionen moderner Dieselautos durchschnittlich um ein Vielfaches höher liegen als nach den Emissionsgrenzen erlaubt. Zudem kam es bereits zu Ermittlungen seitens der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA. In diesem Zusammenhang habe Herr Professor Dr. Winterkorn die an ihn gerichtete Mitteilung vom 5. November 2014 über das geplante Emissionssoftwarepakt beachten und Maßnahmen im Hinblick auf die Manipulationssoftware ergreifen müssen.



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